KI in der Verwaltung
KI-Innovationen für eine verständliche Verwaltung, den Schutz der Sozialversicherung und eine zuverlässige Absicherung von Beschäftigten
Aktualisiert am 17. Mär 2025 Veröffentlicht am 17. Mär 2025
Einfach und verständlich: Eine KI-Anwendung bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) soll die Kommunikation der Behörde mit Versicherten und Unternehmen auf Verständlichkeit prüfen und Vorschläge für Verbesserungen machen. Bei der DRV Bund startet der Praxistest einer KI-Anwendung, die dabei unterstützt, die zutreffende Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen zu prüfen. Beide Projekte sind konkrete Maßnahmen der Digitalisierungsstrategie der Arbeits- und Sozialverwaltung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Ob Unfallprävention, Berufskrankheiten oder Schadensfälle: Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) kümmert sich darum, dass Menschen im Job gesund bleiben, nach Arbeitsunfällen gut versorgt sind und schnellstmöglich wieder ins Arbeitsleben zurückkehren können. Um mit ihren Versicherten und Mitgliedsunternehmen aus über 100 verschiedenen Branchen die dafür nötigen Informationen auszutauschen, verschickt sie als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung jährlich mehr als 4,2 Millionen Postsendungen.
Um die Verständlichkeit der Schreiben zu erhöhen und so die Kommunikation der VBG mit ihren Mitgliedern zu stärken, sollen die Beschäftigten künftig von einer KI-Anwendung unterstützt werden. Das ist wichtig, weil viele Schreiben an Versicherte und Mitgliedsunternehmen in einer für die Adressaten schwer verständlichen, behördlichen Sprache verfasst sind und juristische Passagen beinhalten. Das führt häufig zu Unklarheiten und Rückfragen. Eine verständlichere Kommunikation baut hier Hürden ab, sorgt für mehr Transparenz und macht Verwaltungshandeln nachvollziehbarer. Ziel ist auch, die Beschäftigten der VBG zu entlasten und mehr Zeit für individuelle Anliegen zu schaffen. So kann die VBG Versicherte und Unternehmen noch besser unterstützen. Dies stärkt auch das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit unserer Verwaltung insgesamt.
Ein erster Prototyp der KI-Anwendung, die auf einem großen Sprachmodell (Large Language Model) basiert, wurde bereits entwickelt und auf seine Benutzer*innenfreundlichkeit getestet. In Passagen, die von den Beschäftigten der VBG zur Überprüfung ausgewählt werden, erkennt die KI komplizierte Formulierungen und macht ihnen Vorschläge, wie sie bürger*innennäher formulieren und komplexe juristische Sachverhalte einfacher erklären können. Die Beschäftigten entscheiden dann, ob sie die Vorschläge annehmen. Ab März 2025 erproben Mitarbeitende der VBG den Prototyp in der Praxis. Als Projekt mit Modellcharakter, das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bis Ende 2025 mit rund 800.000 Euro unterstützt wird, soll die KI auch bei weiteren Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung oder in anderen Behörden eingesetzt werden können.
Verwaltungsinnovation für Beitragsgerechtigkeit, soziale Sicherheit und einen zukunftsfähigen Sozialstaat
Wie die Modernisierung der Arbeits- und Sozialverwaltung mit KI vorangebracht wird, zeigt auch das Projekt „Künstliche Intelligenz für risikoorientierte Arbeitgeberprüfungen (KIRA)“ der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund). In dem vom BMAS mit 1,8 Millionen Euro geförderten Projekt wurde eine KI-Anwendung entwickelt, die den Beschäftigten des Prüfdienstes der DRV Bund bei der Prüfung von Sozialabgaben von Unternehmen wie Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung helfen soll. Mehr als 400.000 solcher Prüfungen führt die DRV Bund jährlich durch, damit sich Arbeitnehmer*innen auf ihre soziale Absicherung verlassen können – und Arbeitgeber*innen Unterstützung erhalten und von einer fairen Verteilung der Beiträge profitieren. Allerdings können die rund 1.700 Beschäftigten die Unterlagen auf Grund des hohen Prüfaufwands nur stichpunktartig prüfen, eine Situation, die sich durch die demografische Entwicklung und Fachkräfteengpässe zukünftig noch verschärfen wird. Die KI-Anwendung soll deshalb bei der Auswahl von Prüfschwerpunkten unterstützen, indem sie Auffälligkeiten markiert, einen Risiko-Score ermittelt und nützliche Hinweise für die Prüfung bereitstellt. Mitarbeitende des Prüfdienstes können diese Unterlagen dann detaillierter prüfen und unzutreffende Zahlungen effizienter und effektiver ermitteln.
In der Entwicklungsphase erkannte KIRA Prüffälle ohne Auffälligkeiten in den Unterlagen mit einer Genauigkeit von über 99 %. Prüffälle mit Auffälligkeiten, die auf falsch gezahlte Abgaben hinweisen, können so sehr zuverlässig und durch die Prüfhinweise von KIRA mit erheblich gesteigerter Effizienz geprüft werden. Durch den Einsatz von KIRA kann für die Prüfer*innen voraussichtlich eine Arbeitsentlastung von mehr als 30 % erreicht werden. Das hilft dabei, die demographische Entwicklung und Fachkräfteengpässe abzufedern. Am 10. März 2025 startete eine Pilotphase mit ca. 400 Prüfer*innen in den Bezirken Bremen, Köln und Mannheim. In dieser Phase wird getestet, welche Auswirkungen sich durch den Einsatz der KI-Anwendung auf die Arbeit der Prüfer*innen und die Erfüllung des gesetzlichen Prüfauftrags ergeben. Bei erfolgreicher Evaluation startet dann nach einer weiteren Optimierung der bundesweite Roll-out der KI-Anwendung bei der DRV Bund.
Als Leuchtturm-Projekt hatte KIRA auch das Ziel, über die Projektgrenzen hinaus weitere Maßnahmen und Initiativen anzustoßen. Dieser Ansatz war erfolgreich: Parallel zu KIRA hat die DRV Bund im zweiten Halbjahr 2024 ein KI-Labor eingerichtet, in dem ein zehnköpfiges Team weitere KI-Projekte vorantreiben wird. Das Team bestehend aus Data Engineers, Data Scientists und Machine Learning Engineers wird in 2025 seine Aktivitäten ausweiten und auf 20 Personen wachsen.
Die Digitalisierungsstrategie des BMAS in der Umsetzung
Die Projekte mit der VBG und der DRV Bund sind Teil der Digitalisierungsstrategie der Arbeits- und Sozialverwaltung des BMAS. Mit den darin enthaltenen Maßnahmen sollen moderne digitale Angebote für Bürger*innen und Unternehmen schneller und einfacher zugänglich und der Aufwand für die Beantragung und Bearbeitung von Leistungen verringert werden. Das ist wichtig, denn das Leistungsspektrum der Arbeits- und Sozialverwaltung ist immens: So wurden zum Beispiel 2023 Renten an über 21 Millionen Menschen in Deutschland ausbezahlt, fast 2 Millionen Anträge auf Leistungen zur Rehabilitation bearbeitet und knapp 900.000 Bezieher*innen von Arbeitslosengeld betreut.
Beide Projekte profitieren in der Umsetzung von der Anwendung der „Selbstverpflichtenden Leitlinien für den KI-Einsatz in der behördlichen Praxis Arbeits- und Sozialverwaltung“, die im „Netzwerk Künstliche Intelligenz in der Arbeits- und Sozialverwaltung“ des BMAS entwickelt wurden. Als praxisorientierte Hilfe für KI-Projekte beschleunigen die Leitlinien die Einführung von KI-basierten Innovationen und stellen sicher, dass die Modernisierung der Verwaltung menschenzentriert, verantwortlich und diskriminierungsfrei erfolgt und unmittelbar den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommt.